Das historische Vorbild
Kabinenroller Messerschmitt KR-175 & KR-200 / KR-201
Fritz Fend & Willy Messerschmitt
Fritz Fend war während des zweiten Weltkrieges Entwicklungsingenieur im Flugzeugbau gewesen. Nachdem seine erste Kabinenrollerkonstruktion als Vehikel für Kriegsversehrte die Grenzen für nichtmotorisierte Fahrzeuge aufgezeigt hatte, besann er sich auf seine Zusammenarbeit mit seinem früheren Arbeitgeber, Prof. Messerschmitt. Gemeinsam entwickelten sie die erste Idee von Fritz Fend weiter, wobei sie sich an die eisernen Regeln des Flugzeugbaus hielten: optimiertes Leistungsgewicht, zuverlässiger Antrieb, robustes Fahrwerk bei gleichzeitig geringem Verbrach von Ressourcen, also von Material, Bauzeit, Platz und Treibstoff. Der KR-200 kam zu Beginn des Jahres 1955 als weiterentwickelter Kabinenroller auf den Markt. Die zur Seite öffnende Plexiglaskuppel erinnerte an ein Kampfflugzeug, auch die vorderen Radhäuser nahmen sich aus wie die Stummel von Tragflächen. Die „Rundumverglasung“ verpasste dem Kabinenroller aber auch Spottnamen wie „Mensch in Aspik“ oder „Schneewittchensarg“.
Begehrt war das über 90 km/h schnelle historische Vorbild aber trotz aller Spitznamen, denn es konnte auf den Straßen durchaus mit weit größeren und teureren Modellen mithalten. Der rund zehn Pferdestärken starke 191ccm-Zweitaktmotor bezog seine Kraft aus nur einem Zylinder. In der ersten Version wurde das Gemisch im Kolben im Verhältnis 6,6 : 1 verdichtet. Die Verdichtung senkte man später auf 6,1 : 1, was ihn ein halbes PS kostete, dafür aber den ohnehin schon standfesten Fichtel & Sachs-Motor noch robuster und weniger hitzeempfindlich machte. Dank der genialen Konstruktion und seiner Luftkühlung wurde der Maschine also deutlich weniger heiß als den Menschen unter der Glashaube. Im Sommer fuhr man daher durchaus mal mit zur Seite geklappter Haube, wobei die Version mit dem Faltverdeck anstelle der festen Kuppel natürlich deutlich eleganter war. Zugänglich war der Motor durch eine nach oben aufklappbare Hinterradabdeckung, die unbeschwerte Wartungsarbeiten von allen Seiten zuließ.
Außer der Kontrolle von Rollenkettenspannung, Filtern und Zündkerze gab es indes bei dem KR-175 & KR-200 / KR-201 wenig zu tun – er war ausgesprochen robust und Langstrecken-tauglich. Und da sein gesamtes Motorgewicht auf der Hinterachse ruht, ist der Messerschmitt auch im Winter gut fahrbar. Allein die „zackige“ Lenkung konnte den Fahrern bei glattem Geläuf zum Verhängnis werden. Ein Umstand, der aber auch von Art und Zustand der Bereifung abhing. Die damaligen Radialreifen in der Größe 4.40-10 (mit Schlauch!) glichen in verblüffender Weise heutigen Schubkarrenreifen. Der niedrige Schwerpunkt und die aus dem Flugzeugbau entliehene Radaufhängung vorne und hinten machten den Messerschmitt aber zu einem Kraftfahrzeug mit außergewöhnlich gutem Handling bei gleichzeitig hohem Fahrkomfort. Einzigartig war bei dem Messerschmitt auch die sequenzielle Schaltung: Der erste Gang lag in der hinteren Hebelposition. Schob man den Hebel nach vorn, schaltete man hoch, zog man ihn nach hinten, schaltete man runter. Der Rückwärtsgang wurde betätigt, indem man den Zweitaktmotor rückwärts laufen ließ. Dazu musste der Motor eigens ausgemacht und dann über eine spezielle Schlüsselstellung neu gestartet werden. Damit lief die Kurbelwelle rückwärts. Es konnten so aber auch alle Gänge durchgeschaltet werden, sodass der Messerschmitt rückwärts theoretisch genauso schnell war wie vorwärts!
Fahrzeug- und Maschinenbau Regensburg GmbH (FMR)
Ab 1957 bis ins Jahr 1964 liefen der Kabinenroller KR 200 und seine Nachfolger dann in der neu gegründeten Fahrzeug- und Maschinenbau Regensburg GmbH (FMR) vom Band. In jenem Jahr zog sich Fritz Fend aus dem operativen Geschäft zurück, nachdem er nach und nach all seine Firmenanteile an seinen Geschäftspartner Valentin Knott veräußert hatte.
Messerschmitt-KR-200 (1959)
KR200 / KR201 | |
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Hersteller | Messerschmitt |
Motor | Fichtel & Sachs Zweitaktmotor |
Sitzplätze | 2+1 |
Zylinderzahl | 1 |
Bohrung / Hub | 65 x 58 mm |
Hubraum | 191 cm3 |
Leistung | 10,2 PS (7,6 KW) bei 5250 U/min später 9,7 PS (7,2 KW) bei 5000 U/min |
Verdichtung | 6,6 : 1 , später 6,3 : 1 |
Vergaser | 1 Schrägdüsenvergaser Bing |
Kühlung | Gebläse / Luft |
Schmierung | Gemisch 1 : 25 |
Batterie | 12 V 14 Ah neben Motor |
Kraftübertragung | Antrieb über gekapselte Rollenkette zum Hinterrad |
Kupplung | Vierscheiben - Ölbadkupplung |
Getriebe | Vierganggetriebe mit elektr. geschaltetem Rückwärtsgang |
Fahrwerk | Einzelradaufhängung |
Lenkung | Fast direkte Achsschenkellenkung mit Hebelübertragung und motorradähnlichem Lenker |
Radstand | 2030 mm |
Spurweite | vorne 1080 mm, hinten 1 Rad |
Abmessungen | L: 2820 mm B: 1220 mm H: 1200 mm |
Reifen | 4,00" x 8" |
Leergewicht | 240 kg |
Wendekreis | 9 m |
Zul. Gesamtgewicht | 420 kg |
Höchstgeschwindigkeit | ca. 90 km/h |
Verbrauch | ca. 4,5 l/100 km |
Kraftstofftank | 12,5 Liter über Motor |
Baujahr | Februar 1955 bis Januar 1964 |